Gedanken über IT-Leiter, Cloud-Dienste und U-Boot-Projekte
Vergleicht man die Begriffe «Leiter IT» und «CIO» (Chief Information Officer), könnte man sie leicht als Synonyme aus unterschiedlichen Sprachräumen abtun. Bei genauerem Hinschauen merkt man jedoch, dass die deutsche Variante die Informationstechnologie im Fokus hat. Beim englischen Pendant hingegen ist weniger die Technologie, sondern die Information im Zentrum. Dieser Unterschied ist ein Sinnbild für die Entwicklung der vergangenen Jahre.
Der technologische Anteil nimmt ab
Getrieben durch immer ausgereiftere Cloud-Produkte nehmen die Herausforderungen im technischen Bereich zunehmend ab.
Folgendes Beispiel veranschaulicht diese Entwicklung auf einfache Weise. Unternehmen, die vor 7 Jahren ein Dynamics CRM System einführen wollten, standen im Bereich der Installation vor einer technischen Herausforderung. Inklusive Test-System benötigte man ca. 3 bis 4 Windows Server, auf denen SQL- und Dynamics CRM Server installiert werden mussten. Wollte man dazu noch eine Dokumentablage in SharePoint nutzen, kamen weitere Server dazu. Wenn man Glück hatte, konnten alle Server vom gleichen IT-Partner installiert werden. Wenn nicht, kam zusätzlicher Koordinationsaufwand dazu. Alles in allem nahm eine Installation inklusive Koordination und Lizenzbeschaffung 2 bis 3 Wochen in Anspruch.
Spulen wir 7 Jahre vor – ins hier und jetzt. Wer heute ein Dynamics 365 oder Salesforce CRM in Betrieb nehmen möchte, braucht dazu eine Kreditkarte und 15 Minuten Zeit. Von da an kann man weltweit auf das System und die darin enthaltenen Daten zugreifen.
Die IT-Experten konnten im genannten Beispiel dank der Cloud outgesourced werden. Der technologie- und systemtechnische Teil müsste also im Leben von IT-Leiter/Leiterinnen bzw. deren Team abgenommen haben oder in Zukunft weiter abnehmen.
Übergreifendes Informationsmanagement wird immer wichtiger
Auf der Informationsseite hingegen nehmen die Herausforderungen stetig zu. Zum einen wächst die Menge der verfügbaren bzw. zu bewältigenden Informationen durch die zunehmende Digitalisierung rasant an. Einhergehend mit dieser Entwicklung bieten sich andererseits auch immer mehr Möglichkeiten (KI, Machine Learning etc.), diese verfügbaren Informationen gezielt zu nutzen.
In CRM-Projekten wird häufig der Wunsch nach einem System geäussert, das den kompletten Lifecycle eines Kunden abdecken kann. Die Reise geht von Awareness-Steigerung bei potentiellen Kunden mittels Marketing-Automation, über die Vertriebssteuerung und Akquisition potentieller Kunden, die Angebots- und Dienstleistungsverrechnung, die Warenbewirtschaftung bis hin zum Customer Service.
Die Realität sieht aber oft ganz anders aus. Es existiert ein ERP-System für die Bewirtschaftung der Kunden, eine Excel-Datei oder ein einfaches CRM für das Erfassen der Leads und Opportunitäten, eine Marketing-Automation-Lösung für Newsletter und Kampagnen. Die unterschiedlichen Systeme haben unterschiedliche Ansichten, was ein Kunde ist, sind aus technischer Sicht nicht oder nur bedingt miteinander kompatibel und werden meist von Hand oder gar nicht synchron gehalten.
Kurz gesagt: ein Albtraum für die Konsolidierung der Kundendaten und den Wunsch einer 360° Kundensicht.
Ein klassischer Grund für die Entstehung der oben genannten Ausgangslage sind sogenannte U-Boot-Projekte beziehungsweise die Absenz eines übergreifenden Informationsmanagements.
U-Boot-Projekten vorbeugen
Aufgrund der steigenden Datenflut ist die IT-Abteilung heute dem Business gegenüber oft im Zugzwang. Das Business, z.B. der Verkauf, fordert eine Lösung für ein bestimmtes Problem. Die IT-Abteilung versucht das Problem mit den bestehenden Systemen und dem internen Know-how abzudecken. Die von der IT vorgeschlagene Lösung ist zwar in bestehende IT-Infrastruktur integriert, kann aber funktional mit spezialisierten und dedizierten Lösungen nicht mithalten. Die Business-Seite ist mit dem Vorschlag der IT nicht zufrieden und sucht selbst nach einer passenden Lösung, welche sie dann in Form eines einfachen Cloud-Dienstes findet. Mit einer Kreditkarte und ein paar Klicks ist der neue Dienst auch bereits aktiviert. Das nächste U-Boot stach soeben in See. Die Anforderung und das System verschwinden vom Radar der IT-Abteilung.
Die Business-Abteilung definiert Datenstruktur unabhängig von der restlichen Unternehmung und beginnt das neue System rege mit Informationen zu füttern. Mit der Zunahme der enthaltenen Informationen steigt die Relevanz des Systems für andere Abteilungen und somit auch dessen Wert für die gesamte Unternehmung. Früher oder später taucht das U-Boot dann wieder auf dem Schirm der IT-Abteilung auf, nur ist es nun zu gross und zu schwer, als dass es einfach in die bestehende System-Landschaft integriert werden könnte.
Was kann eine IT-Abteilung unternehmen, um solchen U-Boot-Projekten vorzubeugen bzw. auf ein übergreifendes Informationsmanagement hinzuarbeiten?
- Definition klarer Richtlinien für neue Systeme zur Sicherstellung der Integration: damit wird sichergestellt, dass neue Systeme in die bestehende Landschaft integriert werden können
- Unternehmensübergreifende Definition des Datenmodels und der wichtigsten Stammdaten
- Offene und businessorientierte Mitarbeit der IT-Abteilung in Projekten
Wenn sich IT-Abteilungen diese 3 Regeln zu Herzen nehmen, so behalten sie die Übersicht und die Kontrolle. Sprich: die IT beugt einem «zugemüllten Hafen» vor.
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