Lenkung von personellen Ressourcen zur Erreichung von Unternehmenszielen
Teil 3 von 5: Die fortschreitende Digitalisierung, Vernetzung und Automatisierung der wirtschaftlichen Welt ist längst zu einem zentralen Thema geworden. Bezugnehmend auf die neue ISO-Normenreihe soll dieser Beitrag deshalb eine Inspiration sein und aufzeigen, wie der Mensch in dieser zunehmend vernetzten Welt Rollen übernehmen wird und wie diese Rollen zielführend ausgestaltet werden können.
Der Mensch ist oft ein wichtiger Einflussfaktor, um bei Vorgängen die beabsichtigten Ergebnisse zu erhalten. Deshalb fordert die ISO-Normenreihe, dass Befähigungen, Befugnisse, Verantwortlichkeiten /Verpflichtungen und Verfügbarkeit in einer Organisation klar geregelt sind. Das beutet, dass die Rollen klar zugeordnet und für jedermann einsehbar sein müssen.
Rollen: Eine Definition
Um den Begriff „Rolle“ einzugrenzen, wird die Rolle innerhalb der Aufbau- und Ablauf-Organisation sowie innerhalb der Unternehmenskultur betrachtet.
In der Aufbau-Organisation, welche üblicherweise als Organigramm dargestellt wird, unterscheidet man Positionen und Funktionen.
Die Position
Die Position bezeichnet die formelle, hierarchische Eingliederung im Organigramm. Die Position innerhalb des Organigramms zeigt nach oben die übergeordnete und nach unten die untergeordnete Entscheidungs- und Weisungsbefugnisse. Man spricht dabei von der „Linie“ (beispielsweise vom „Linien“-Vorgesetzten). Eine weitere Position im Organigramm ist die an Positionen angegliederte Stabsstelle.
Die Funktion
Sie bezeichnet den Hauptzweck und die dafür zu erfüllenden Aufgaben. Meist werden Hauptzweck und Aufgaben innerhalb bestimmter Disziplinen erfüllt. Personen mit gleichen Funktionen werden zumeist in Gemeinschaften wie Abteilungen oder Bereichen zusammengefasst. Beispiele für Funktionen und Abteilungen: Administration, Einkauf, Verkauf, Projektierung, etc.
Die einzelne Rolle
Die Rolle bezweckt ein zeitlich begrenztes, aber immer wiederkehrendes Amt zu bekleiden. Im Volksmund „Ämtli“ genannt. Im klassischen Sinn wurden Rollen einer Funktion zugeordnet. Beispielsweise kann ein Stelleninhaber die Position eines Abteilungsleiters haben, die Funktion als Software-Entwickler erfüllen und bei Bedarf die Rolle des internen Auditors, des Archivars sowie eines internen Sanitäters wahrnehmen. Rollen werden auch genutzt, um Aufgaben zu teilen. Die besondere Herausforderung im Rollenkonzept ist die Koordination durch die Linie.
Das Rollen-Konzept
In prozessorientierten Organisationen macht es Sinn, ein durchgängiges Rollen-Konzept zu etablieren und dabei umgekehrt Position und Funktionen in der Rolle zu integrieren. Ebenfalls kann die Linie abgebildet werden, indem übergeordnete, stellvertretende und untergeordnete Rollen angegeben werden.
Kulturell entstandene Rollen nutzen
Weil Rollen auch kulturell entstehen, sind solche insbesondere bei neuen Mitarbeitern oft gar nicht bekannt, weil keine offizielle Festlegungen, Ressourcen und Berechtigungen vorhanden sind. Doch bergen gerade kulturell entstandene Rollen oft grossen Nutzen für die Organisation. Beispiele kulturell entstandener Rollen: Sparrings-Partner der Geschäftsleitung, Graue Eminenz, Seelen-Doktor, etc.
Das Rollen-Verhalten muss bekannt sein
Rollen werden auch genutzt, um bestimmte Erwartungen der obersten Leitung an das Verhalten der Rolleninhaber festzulegen. Eine Rolle hat oft wenig mit der Person des Inhabers zu tun, als vielmehr mit der Absicht hinter der Rolle – weshalb gerade ein bestimmtes Rollenverhalten erwartet wird. Deshalb sollten Rollen in der gesamten Unternehmung bekannt gemacht werden und jederzeit einsehbar sein. Wenn das Verständnis für die Absicht der Rolle und das Verhalten des Rollen-Inhabers nicht vorhanden ist, kann die fehlende Akzeptanz zu Widerständen in der Belegschaft führen.
AKV: Aufgaben, Kompetenzen, Verantwortungen
Der vorliegende Beitrag sieht AKV als Methode bei der Erstellung von Rollen. Die Methode soll das Gleichgewicht zwischen Rechten und Pflichten sicherstellen, damit Rolleninhaber für die zugeordnete Aufgabe eine ergebnisorientierte Handlungs- und Entscheidungsfähigkeit besitzen. Ziel ist es, die Wippe ins Gleichgewicht zu bringen (siehe Titelbild / Header). Kompetenzen werden wie Rechte behandelt, welche jeweils Voraussetzungen sind, um Aufgaben erfüllen zu können. Jede Aufgabe ist somit, wenn immer möglich an Kompetenzen (Befugnisse und Befähigungen) gekoppelt. Verantwortungen werden wie Pflichten behandelt und, wenn immer möglich, an Messgrössen gekoppelt.
Personelle Ressource als Einflussfaktor
Die nachfolgende Grafik zeigt, wie innerhalb der Gesetzmässigkeit von Ursache und Wirkung verschiedene Faktoren (1-8) einen Vorgang der Ergebnis-Erzeugung (9) beeinflussen können.
Der Einfluss-Faktor Mensch ist hier mit dem Fragewort „wer“ (2) benannt.
Als Einfluss-Faktor ist der Mensch sowohl als integriertes Prozess-Element wie auch als autonom handelndes System äusserst vielschichtig und komplex. Daher ist der Mensch eine häufig vorkommende Risikoquelle, aber auch mit Abstand die grösste Chance.
Aus diesem Grund muss der Mensch über verschiedene Eigenschaften verfügen, damit er bei Vorgängen seinen Einfluss so einbringt, dass vorgesehene Ergebnisse entstehen.
Mit dem menschlichen Faktor lassen sich folgende Attribute in Zusammenhang bringen (nicht abschliessend):
- Verantwortungen (delegierbar)
- Verpflichtungen (nicht delegierbar)
- Befugnisse (z.B. Zutrittsrechte, Entscheidungen, Weisungsbefugnisse, etc.)
- Wissen (implizites und explizites)
- Befähigungen (Fähigkeiten und Fertigkeiten, Wissen ergebnisorientiert einzusetzen)
- Geistige Schöpfungskraft (Erfindungsreichtum, Idee, etc.)
- Bewusstsein (Umwelt, Qualität, Gefahren, Schutz)
- Zufriedenheit / Unzufriedenheit
- Engagement, Moral, Motivation, Begeisterung
- Physische Verfassung
- Schutz (vor Schäden an psychischer und physicher Integrität sowie Eigentum)
- Management und Entscheidungskraft (Koordination und Umgang mit allen Attributen)
Sofort bemerkt man, dass sich diese Liste kaum abschliessen lässt, was die Komplexität des einzelnen Individuums nochmals unterstreicht. Die Komplexität steigt demzufolge zusätzlich, wenn weitere Personen und weitere Interaktionen zwischen den Einflussfaktoren benötigt werden. Die Liste liesse sich beliebig durch positive wie auch negative Attribute ergänzen:
- Missverständnis
- Unterstützung / Ablenkung
- Akzeptanz / Argwohn
- Persönliche Beweggründe
- Etc.
Das menschliche Individuum ist im Spannungsfeld von Befähigungen und Befugnissen je nach Konstellation und Szenario beschränkt, sei es in der Kraft (Befähigung) oder in der Macht (Befugnisse). Die Automation verfolgt also grundsätzlich das Ziel, den Menschen durch Alternativen dort zu ersetzen oder zu ergänzen, wo er eine zu risiko- oder schadenbehaftete Einflussquelle darstellt. Da hingegen, wo seine Komplexität als Einflussquelle grosses Chancenpotential bietet, soll er nicht durch Automatisierung ersetzt werden.
Quintessenz ist, dass alle Einflüsse auf und von Menschen so gelenkt werden sollten, damit sie der Ergebnis-Erzeugung zuträglich und keinesfalls abträglich sind.
Rollen im prozessorientierten Umfeld
Im prozessorientierten Umfeld ist der anstehende Vorgang Auslöser für die benötigte Ressource. Der Vorgang (Ablauf-Organisation) ruft das Element „wer“ auf (Aufbau-Organisation). Da dem Vorgang eine Rolle zugeteilt ist, kommt ein Rollen-Inhaber zum Einsatz.
Da wo der Mensch in seiner Rolle seine Einflüsse auf Ergebnisse ausübt, sollten vorhandene Befähigungen und Befugnisse im Einklang sein (AKV) und nicht vorhanden Befähigungen und Befugnisse soweit ergänzt werden, dass der Rollen-Inhaber seinen Auftrag erfüllen kann.
Wenn ein Rollen-Inhaber in ein Szenario gerät, in welchem seine Befähigungen und Befugnisse nicht mehr ausreichen, dann kann eine zusätzliche Rolle involviert werden, welche über die benötigten Befähigungen und Befugnisse verfügt. Oft werden aber andere Einflussfaktoren wie Zeit oder Ort zum Problem (z.B. Notfall, örtliche Isolation, benötigte Ressource nicht verfüg- oder erreichbar, etc.). Und die dringend benötigten Befähigungen und Befugnisse sind nicht verfügbar.
Alternativen zur menschlichen Ressource
Da wo Rollen innerhalb eines eskalierenden Vorgangs an die Grenzen ihrer Befähigungen und Befugnisse geraten, da können sie durch alternative Ressourcen ergänzt werden. Ziel dieser Alternativen sind also Beschleunigung von Vorgängen, Risikominderungen bei Missionen, Erhöhung der Präzision und Effektivität, Erhöhung von Arbeits- und Rechenleistungen, Entscheidungen treffen, Befugnisse erteilen sowie Entlastung oder gar Ersatz von menschlichen Ressourcen.
Alternativen zur menschlichen Ressource sind digitalisierte und / oder automatisierte Inhalte und Abläufe, welche den Rolleninhaber unterstützten oder ersetzen, wo er in seinen Möglichkeiten beschränkt ist. Der digitale Arbeitsplatz (z.B. mit Office 365) wird zunehmend durch solche automatisierten oder interaktiven Abläufe erweitert. Die automatisierte Lenkung und Regelung bieten den Rolleninhabern zusätzlich Verstärkung, Verfügbarkeit, Schutz und Entlastung.
In Flugzeugen gibt es Auto-Piloten, in Fahrzeugen gibt es Spur- und Bremsassistenten, es gibt an öffentlichen Orten Defibrillatoren welche sprechen und den zufällig anwesenden Anwender zum Lebensretter befähigen. Ständig werden weitere Systeme entwickelt. Im Arbeitsumfeld wird der digitale Arbeitplatz zunehmends durch solche „Assistenten“ und Abläufe ergänzt (siehe beispielsweise Nintex-Workflows). Dabei werden in Abläufen Soll-Parameter hinterlegt. Durch Interaktionen werden die Rolleninhaber zu Vorgängen angeleitet, wodurch sie Bedingungen und Kriterien erfüllen, um zusätzliche Befähigung und Befugnisse zu generieren, beispielsweise eine Freigabe oder eine Entscheidung erwirken, wenn bestimmte Bedingungen erfüllt sind.
Fazit
Um gewünschte Ergebnisse zu bewirken, müssen bei der Realisierung möglichst alle Einflussfaktoren stimmen. Das Rollenkonzept und die AKV-Methode unterstützt Unternehmen dabei, den Einflussfaktor Mensch bestmöglich zu lenken und somit den Anforderungen der ISO-Normenreihe gerecht zu werden (Normenverweis Kapitel 5.X: Rollen, Verantwortlichkeiten und Befugnisse in der Organisation).
Weitere Blogbeiträge über die neue ISO-Reihe
Dies ist der dritte Beitrag unserer 5-teiligen Blogreihe zum Thema „Neue ISO-Normen“.
1. Beitrag: praxisnah und modular
2. Beitrag: Der PDCA-Regelkreis (Demingkreis)
4. Beitrag: Wissensmanagement als Bestandteil der neuen ISO-Norm
5. Beitrag: Risikobasiertes Denken im Managementsystem implementieren
In Nacht und Nebel Aktion schnell noch eine der strategisch essentiellen Rollen beschreiben,
zum Glück nochmal kurz hierüber stolpern und…
eben mal den Kopf zurecht gerückt bekommen.
Danke für diesen wertvollen Beitrag!!!!
In Nacht und Nebel Aktion schnell noch eine der strategisch essentiellen Rollen beschreiben,
zum Glück nochmal kurz hierüber stolpern und…
eben mal den Kopf zurecht gerückt bekommen.
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