Was fasziniert uns an einem Roger Federer? Ist es nicht das ständige «besser werden wollen», das ihn seit nun mehr über 20 Jahren an der Tennis-Weltspitze verbleiben lässt? Vor allem macht es bei ihm nie den Eindruck einer Plagerei. Es ist immer die Lust an Leistung und daran, sich zu verbessern – sich anzupassen, wenn es notwendig ist.
Sei es durch eine weltweite Krise wie Corona oder durch eine technische Revolution wie der Digitalisierung. Die Welt verändert sich dauernd und auch immer etwas schneller. Um als Unternehmen bestehen zu können, ist es unabdingbar, innovativ zu bleiben, Entwicklungen zu antizipieren und zu versuchen, kontinuierlich besser zu werden in dem, was man tut. Versuchen, selber wie Roger Federer zu sein.
Was ist ein KVP?
Ein KVP, ausgeschrieben ein kontinuierlicher Verbesserungsprozess, kann hierzu einen wesentlichen Beitrag leisten. Die Idee der kontinuierlichen Verbesserung ist eng verknüpft mit dem Lean Production System. Ein Produktionssystem, welches sich zum Ziel gemacht hat, sich ständig zu verbessern, indem es «Muda» (auf Deutsch «Verschwendung») aus den Produktionsprozessen entfernt. Sprach man in der Vergangenheit vor allem von den 7 Arten der Verschwendung, wurde in jüngerer Zeit eine achte Verschwendungsart immer wichtiger, das «ungenutzte Wissen der Mitarbeitenden».
Das Potential seiner Mitarbeitenden als wichtigste Unternehmensressource optimal zu nutzen, ist das Ziel. Oder anders formuliert: «Wer soll den Arbeitsprozess besser optimieren können, als jene Person, die ihn täglich ausführt?»
Warum wird ein funktionierender KVP in der Digitalisierung immer wichtiger?
Die neuen technologischen Möglichkeiten haben den Wettbewerb unter Unternehmen intensiviert und zu einem «Hyperwettbewerb» geführt – einem ähnlich harten Wettbewerb, wie er zwischen Federer, Djokovic und Nadal herrscht.
Ein KVP ist ein wertvolles Instrument, um sich in dieser Situation neue Vorteile erarbeiten zu können. Dazu drei Beispiele:
- Enthüllende Transparenz
Nehmen wir das Beispiel von Restaurants: Als Gastronom oder Gastronomin kann man es sich nicht mehr leisten, einen mangelhaften Service zu bieten und schon gar nicht, schlechtes Essen auf zu tischen. Die Digitalisierung hat mit Review-Plattformen für eine gnadenlose Transparenz gesorgt. Eine schlechte Qualität wird früher oder später entdeckt und Folgen nach sich ziehen. Mit einem kontinuierlichen Verbesserungsprozess kann man Potenziale frühzeitig erkennen und umsetzen. - Zunehmende Kundenzentrierung
Nehmen wir das Beispiel von Zalando: Es war unvorstellbar und geradezu unerhört, dass Kundinnen und Kunden des Online-Modegeschäfts die Kleidung kostenlos per Post wieder retournieren dürfen sollen – nach dem Öffnen und Anprobieren notabene! Der Zustellkarton kann dazu auch gleich für die Rücksendung genutzt werden, das Adressetikett liegt vorgedruckt bereit. Unternehmen nutzen die Möglichkeiten der Digitalisierung, um die eigenen Services immer mehr an den Kunden auszurichten. Wer dies nicht macht, verliert den Anschluss. Kontinuierliche Verbesserungsprozesse können wertvolle Quellen sein, um das eigene Portfolio laufend besser auf die eigenen Kunden mass zu schneidern. - Schnellere Innovations- und Adaptionszyklen
Nehmen wir das Beispiel der Power Platform: Plötzlich ist es nicht mehr nur die IT-Abteilung, welche in Unternehmen Applikationen erstellen oder Prozesse automatisieren kann. Im Modell des «Citizen Developments» erstellen «ganz normale» Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ohne Programmierkenntnise auf einmal eigene Lösungen und transformieren das tägliche Business. Das Unternehmen wird effizienter und die Leute bauen zukunftrsrelevante Fähigkeiten auf. Aus kontinuierlichen Verbesserungsprozessen heraus können wertvolle Ideen für die Effizienzsteigerung gewonnen werden.
Wie sieht der optimale KVP aus?
Optimal ist das, was dem Kunden am meisten dient. Das kann je nach Branche und Unternehmensart stark differieren. Es braucht einen anderen Ansatz bei einem Industriebetrieb im Schichtmodell, wo ein Grossteil der Mitarbeitenden keinen Computerzugang hat («Blue Collar Workers») als bei einem Dienstleistungsbetrieb, in welchem alle Mitarbeitenden hauptsächlich am Computer arbeiten. Die Art der Hilfsinstrumente und der Grad der Digitalisierung kann hier sehr stark variieren.
Für einen gelebten KVP ist in jedem Fall wichtig, dass ein durchgängiger, gemangter Prozess implementiert ist, welcher regelmässig Resultate hervorbringt.
Folgende Kernpunkte sollte so ein Prozess immer beinhalten:
- Einfache und niederschwellige Erfassungsmöglichkeiten für Verbesserungsvorschläge
- Regelmässige Umsetzungsreviews, die zu einer hohen Umsetzungsquote führen
- Die daraus entstehenden Massnahmen umsetzen und mit regelmässigen Reviews überwachen
- Interne Kommunikation und Feedbackschlaufen zum aktuellen Stand der Verbesserungsvorschläge sicherstellen
- KVP sollte Teil einer betrieblichen Zielsetzung mit monatlichem Kennzahlen sein, evtl. gar mit Belohnungssystem.
Wie führt man einen KVP ein?
Zuerst sollte das Unternehmen für sich ein Ziel definieren, was man mit KVP überhaupt erreichen möchte. Dann gilt es, den dazu passenden Prozess zu gestalten. Dieser kann mittels Workshop erarbeitet werden oder, falls schon bestehend mit einem internen Audit überprüft werden.
Wenn der Prozess steht, gilt es für die einzelnen Prozessschritte die optimalen technologischen Hilfsmittel zu finden. Mit welchem Tool aus der Microsoft 365-Palette soll welcher Prozessschritt abgedeckt werden.
- Soll auf dem Intranet beispielsweise eine Seite angelegt werden mit einem Formular, über welches Mitarbeitende Ihre Verbesserungsvorschläge einreichen könnnen? Soll vom Formular eine automatische Benachrichtigung an zuständige Personen geschickt werden?
- Oder sollen Mitarbeitende ihre Vorschläge und Ideen beispielsweise als neuen Task in einem Microsoft Planner-Plan erfassen? Oder gibt es ein neues E-Mail-Postfach «verbesserung@[firmendomain]», an welches Vorschläge geschickt werden sollen?
Wie auch immer es gelöst wird – der Prozess soll einfach und unkompliziert ins Tagesgeschäft eingebunden werden. Hier gilt es, sicher auch das Potential der Digitalisierung und Automatisierung zu prüfen.
Danach geht es darum, die Mitarbeitenden ins Boot zu holen. Zum einen ist das Bewusstsein zu schaffen, um was es geht und wie man hier zu einem Mehrwert beitragen kann. Zum anderen ist eine Schulung zum Ablauf, wie ich am Verbesserungsprozess teilnehmen kann. Beim Einführen eines neuen Prozesses halte ich es für eine gute Idee, einen Testphase zu kommunizieren. Das gibt die Möglichkeit, positive und negative Feedbacks zu sammeln und den Prozess zu optimieren, bevor man ihn definitiv festlegt.
Wie schafft man es, dass ein KVP vom Unternehmen gelebt wird?
Hinter gelebten Systemen steht immer persönliche Überzeugung. Sich immer verbessern zu wollen, sich selber immer wieder herauszufordern, ist eine persönliche Einstellung – Roger Federer ist das beste Beispiel.
Dass es so weit kommt, dafür muss die Einstellung vom Unternehmen und insbesondere der Führung glaubwürdig vorgelebt werden. Das ist die Grundvoraussetzung, dass auch Mitarbeiter*innen diese Denkweise und somit die Challenge der stetigen Verbesserung annehmen.
Wenn der richtige Mindset im Unternehmen vorhanden ist, braucht es einen durchgängigen, funktionierenden Prozess. Wenn die Verbesserungsvorschläge nicht bearbeitet und umgesetzt werden, wenn keine Rückmeldungen kommen, wenn keine Erfolgsstorys geschrieben werden, wird KVP langsam einschlafen.
Unterstützend kann hierbei auch eine klare Zielsetzung sein. Wenn es Teil der Unternehmensziele ist, markiert das die Wichtigkeit und macht den Bereich messbar. Der Erfolg lässt sich so bemessen und bietet die Möglichkeit, die Mitarbeitenden daran partizipieren zu lassen. Denn Wertschätzung gegenüber den Ideengeber*innen ist ein weiterer kritischer Faktor. Ob das durch positive Erwähnung, durch Lob bei der Zielerreichung oder mit monetären Anreizen geschieht, ist Frage der Unternehmenskultur. Aber dass man wertschätzt, ist unerlässlich für einen gelebten KVP.
Welche Tools aus Microsoft 365 unterstützen?
Viele Wege führen nach Rom und ebenso viele Möglichkeiten gibt es in Microsoft 365, einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess zu unterstützen. Wichtig ist immer, den Prozess, die Arbeitsweise und die Unternehmenskultur zu verstehen, um dann die richtige Lösung zu erstellen. Die verschiedenen Prozessschritte wie z.B Erfassen der Verbesserungsvorschläge, Massnahmennachverfolgung oder die Kommunikation in der Unternehmung können ideal mit M365 Tools unterstützt werden. Zum Einsatz kommen können:
- Yammer (Kommunikation)
- Planner (Erfassen von Tasks)
- Power Automate (Automatisieren von Prozessen und Workflows)
- Sharepoint Listen (Festhalten/Speichern von Informationen)
- Power Apps (Erfassungsmasken/User Interfaces für eigene KVP-Apps)
- OneNote (Festhalten/Speichern von Informationen)
- Teams (Kommunikation)
Aus der Erfahrung geschöpft: Welche 3 Faktoren entscheiden über Gelingen oder Versagen?
- Fehlendes Engagement
Es braucht einen durchgängigen Prozess mit klarer Verantwortung, um regelmässige Resultate zu erzielen. Wenn die eingereichten Verbesserungsvorschläge nicht regelmässig bearbeitet und auch umgesetzt werden, verlieren die Mitarbeitenden das Interesse. So kann kein gelebter KVP entstehen. - Fehlende Kommunikation
Ein ähnlicher Effekt auf die Motivation hat fehlende Kommunikation. Wenn Ideen eingereicht werden, ist es wichtig, das die Einreicher*innen in einer Feedbackschlaufe sind. Sie müssen informiert werden, dass der Vorschlag in Arbeit ist, bis wann er bearbeitet ist und ob er umgesetzt wird. Falls ein Vorschlag aus einem Grund nicht umgesetzt werden kann, ist es ganz wichtig, das ausreichend zu begründen. - Fehlende Wertschätzung
Es ist klar, dass die Unternehmens- und Führungskultur offen für Verbesserungsvorschläge von Mitarbeitenden sein muss und diese wertschätzt. Auch kleinste Verbesserungsvorschläge sollen gewürdigt werden, weil sie zeigen, dass die Leute im richtigen Mindset sind und dass sie mitdenken. Es gilt auch über ein generelles Belohnungssystem nachzudenken, damit die Mitarbeitenden an Verbesserungsvorschlägen partizipieren können. Ob das eine lobende Erwähnung in den internen News ist oder ob es auch monetäre Anreize geben soll, liegt im Ermessen des Unternehmens. Es gibt hier sehr viele unterschiedliche Ansätze und Möglichkeiten.
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Geschrieben von
Philippe Fries
Projektleiter
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