Der rasante Wandel von der Industrie- hin zur Informations- und Wissensgesellschaft stellt für Unternehmen eine Herausforderung dar. Mitarbeitende benötigen eine Wissensbasis, die umfassend, aktuell und valide ist. Wissen wird zu einer der wichtigsten Ressource in einem wissensorientierten Unternehmen und muss professionell bewirtschaftet werden.
Jede Organisation und jedes Individuum betreibt in irgendeiner Form – bewusst oder unbewusst – Wissensmanagement. Informationen werden gesammelt, gesichert und idealerweise verteilt und genutzt. Diese Anforderung muss sich mit einer geeigneten Informations- und Kommunikationstechnologie erfüllen lassen – das ist bis zu einem bestimmten Grad bei vielen Unternehmen bereits der Fall. Viele aus der Literatur bekannte Tools lassen sich einfach einführen und können jederzeit mobil genutzt werden. Dazu zählen beispielsweise Blogs, Wikis, FAQ und das soziale Firmennetzwerk Yammer. Dennoch attestiert für gewöhnlich eine Vielzahl der Mitarbeitenden Handlungsbedarf in allen Disziplinen. Wissensmanagement ist weit mehr als nur die Dokumentation des Wissens einer Organisation und lässt sich nicht auf das Sichern und die Suche von Wissen reduzieren. Es müssen strukturelle und kulturelle Rahmenbedingungen geschaffen und mögliche Barrieren erkannt und abgebaut werden.
Daher ist die reine Einführung eines Tools meist ein verfrühter Ansatz.
Diese 3-teilige Blogserie soll aufzeigen, wie das Thema Wissensmanagement im Unternehmen aufgebaut oder verbessert werden kann. Dieser erste Teil soll eine Einführung ins Thema und eine Aufforderung sein, das Thema Wissensmanagement ganzheitlicher anzuschauen. Im zweiten Teil der Blogserie befassen wir uns mit der Organisation der Wissensthemen und Prozessgestaltung, bevor es dann im dritten Teil um die technische Umsetzung in Microsoft Office 365 geht.
Weiss Ihr Unternehmen, was es wissen muss?
Eine formulierte Wissensstrategie, die sich aus der Unternehmensstrategie ableitet, kann Wissensziele definieren und Mitarbeitern helfen, relevantes von irrelevantem Wissen zu unterscheiden. Versucht ein Unternehmen, alles implizite und explizite Wissen zu identifizieren und zu sammeln, ist es überfordert. Es muss eine pragmatische Vorgehensweise gewählt werden, die auf das kritische und relevante Wissen fokussiert (Sollberger, 2006). Ein Soll-Ist-Vergleich, der Wissensbestände und eine Gliederung in Wissensarten und Domänen ermittelt, ob das Wissen mehrheitlich explizit in schriftlicher Form oder implizit in den Köpfen vorhanden ist. Die Instrumente des Wissensmanagements lassen sich so besser auf die Handlungsfelder abstimmen.
Der Mensch im Mittelpunkt
Bei der Einführung eines Wissensmanagements lassen sich in der Praxis der technik- und humanzentrische Ansatz beobachten (Sollberger, 2006). Steht die Technologie im Vordergrund, lassen sich sehr oft Einführungs- und Akzeptanzschwierigkeiten feststellen. So entwickelt man vermeintlich eine gute Lösung, aber diese wird kaum genutzt. Dies rührt oftmals daher, dass die wesentlichen Einflussfaktoren Mensch und Organisation zu wenig berücksichtigt werden. Die Durchführung einer Mitarbeiterumfrage, die sich mit der Einstellung zum Wissensmanagement befasst, kann hilfreiche Aufschlüsse geben, welche Wissenskultur im Unternehmen verankert ist und wo der tatsächliche Handlungsbedarf besteht.
Voraussetzungen für eine Wissenskultur schaffen
Ohne eine Wissenskultur oder die Bereitschaft der Mitarbeitenden, aktiv zu partizipieren, ist ein Wissensmanagement zum Scheitern verurteilt. Das Teilen von Wissen lebt von seiner Freiwilligkeit und einem gemeinsamen Verständnis. Es müssen daher Massnahmen definiert werden, die auf die Struktur, das Verhalten und die Funktion einen Einfluss haben. Besonders die Management-Unterstützung, der Einbezug der Mitarbeiter und die Integration in die tägliche Arbeit sind wesentliche Erfolgsfaktoren. Die Erarbeitung und Etablierung eines Wissensleitbilds schafft diese Grundlagen für alle Beteiligten und definiert die Spielregeln.
Anhand der Kernprozesse des Wissensmanagements von Probst (2012) kann ermittelt werden, in welchen Prozessen Handlungsbedarf besteht. Anhand der Wissensstrategie und der definierten Handlungsfelder lassen sich dann geeignete Instrumente entwickeln. Am eigenen Beispiel der IOZ sollen als erste Massnahmen Lessons Learned aus dem Projektgeschäft institutionalisiert und die Wissensentwicklung konsequent mit Community of Practise umgesetzt werden. Das Ziel dieser Praxisgemeinschaften oder Fachgruppen ist der Wissensaustausch und damit verbunden die Generierung neuen Wissens und die Lösung fachlicher Probleme. Der so erzielte Austausch verbreitet implizites, verborgenes Wissen und erzielt einen schnellen und erkennbaren Nutzen.
Verantwortlichkeiten definieren
Erste Erfahrungen haben gezeigt, dass Wissensmanagement besser funktioniert, wenn es pro Themenbereich oder Abteilung verantwortliche Personen gibt. Das heisst keineswegs, dass die anderen Mitarbeiter von der Wissensentwicklung oder -sicherung befreit sind. Es bedeutet vielmehr, dass der Wissensverantwortliche die Beiträge validiert, richtig strukturiert und Beiträge von Mitarbeitern einfordert. Die definierten Wissensverantwortlichen tauschen sich im Wissensgremium mit dem Wissensmanager aus und entwickeln das System laufend weiter. Die Schaffung offizieller Rollen legitimiert das Wissensmanagement und verdeutlicht die strategische Verankerung.
Klassisches Change Management
Die Veränderung der Wissenskultur ist ein langwieriger Prozess und greift tief in die Organisation ein. Der Transfer muss daher vom Projektteam kontinuierlich begleitet werden. Die Dringlichkeit und der Nutzen müssen plausibel aufgezeigt werden, denn Mitarbeiter nehmen Wissensmanagement oftmals als zusätzlichen Aufwand im Tagesgeschäft war. Wichtiger Bestandteil der Einführungsphase ist eine aktive Kommunikation, um über Ziele, Vorgehen und Ergebnisse zu berichten.
Integration in den Alltag
Um das operative Wissensmanagement, vor allem die Wissensgenerierung und die Wissensnutzung, besser in den Alltag integrieren zu können, müssen die Wissensprozesse mit den bestehenden Geschäftsprozessen verzahnt werden.
Dabei ist die Kernaufgabe des geschäftsprozessorienten Wissensmanagements, die Wissensflüsse zwischen den wissensintensiven Aktivitäten möglichst gut zu ermöglichen. Ziel ist es, die prozeduralen Barrieren zu verhindern, indem die Prozesse so gestaltet werden, dass sich die Wissensprozesse in die täglichen Arbeitsabläufe der Mitarbeitenden integrieren. Somit findet die Bewirtschaftung des Wissens dort statt, wo es am meisten gebraucht wird, bei der täglichen Arbeit.
Tooling
Oftmals werden in Unternehmen bereits verschiedene Systeme zur strukturierten oder unstrukturierten Ablage von Informationen eingesetzt. Die Auswahl an Möglichkeiten, welche Microsoft SharePoint und besonders Office 365 im Bereich Wissensmanagement anbieten, sind sehr umfassend und lassen sich schnell aktivieren.
Die Schwierigkeit liegt nun darin, das richtige Tool für das zu lösende Problem einzusetzen und eine übersichtliche Informationsarchitektur zu schaffen. Je nach Haltbarkeit und Strukturierbarkeit des Wissens können dies unterschiedliche Tools sein. Die Informationstechnologie spielt bei der Einführung von Wissensmanagement immer eine Rolle, jedoch darf man sich nicht darauf beschränken. Die eingesetzten technologischen Instrumente wirken als Barrieren, wenn die Inhalte nicht aktuell, nicht relevant, unstrukturiert sind und nicht schnell gefunden werden können. Wenn das System rege genutzt wird, steigt die Datenqualität und das Vertrauen in die Ablage. Wird es hingegen wenig genutzt, nimmt die Datenqualität ab. Dies führt dazu, dass das Vertrauen in die Ablage sinkt – „das System stirbt“ (Probst, Raub, & Romhardt, 2012).
Kritische Erfolgsfaktoren
Als wesentliche Erfolgsfaktoren für die Einführung eines Wissensmanagements werden die folgenden Punkte aufgeführt (Linde, 2005), (North, 2016):
- Institutionalisierung des Wissensmanagements und Einbindung in die Unternehmenskultur
- Kommunikation und Change Management
- Topmanagement-Unterstützung sicherstellen
- Wissensziele mit Unternehmenszielen verknüpfen
- Zeit, Freiräume und Budget schaffen
- Organisierte Austauschmöglichkeiten in formellen und informellen Netzwerken
- Gemeinsame Begrifflichkeiten und Standards definieren
- IT dient als Integrator und Katalysator zum Wissensaustausch
- Die Aktualität und Qualität der Wissensinhalte muss gesichert werden
- Push and Pull von Informationen und Wissen
- Es muss einen dezidierten Verantwortlichen für das Wissensmanagement geben
- Einbezug der Mitarbeitenden und Integration in die tägliche Arbeit
- Anreiz und Motivation schaffen
Der Schlüssel liegt, wie von North (2016) formuliert, nicht bei einem revolutionären Veränderungsprozess, sondern eher bei kleinen Veränderungen, die den Umgang mit Wissen verbessern. Die Unternehmung soll nicht überfordert, sondern schrittweise in Richtung wissensorientierter Unternehmung entwickelt werden.
Die Teile 2 und 3 dieser Blogreihe finden Sie hier:
- Teil 2: Organisation der Wissensthemen und Prozessgestaltung
- Teil 3: die technische Umsetzung von Wissensmanagement in Microsoft Office 365
Quellen
- Communardo (6. September 2017). Von Wissensmanagement: http://www.communardo.de/home/wissensmanagement/
- Fraunhofer (8. September 2017). Von http://wissensmanagement.ipk.fraunhofer.de
- Linde, F. (2005). Barrieren und Erfolgsfaktoren im Wissensmanagement. Köln: Fakultät für für Informations– und Kommunikationswissenschaften.
- North, K. (2016). Wissensorientierte Unternehmensführung. Wiesbaden: Springer Gabler.
- Probst, G., Raub, S., & Romhardt, K. (2012). Wissen managen. Genf: Springer Gabler.
- Sollberger, B. A. (2006). Wissenskultur – Erfolgsfaktor für ein ganzheitliches Wissensmanagement. Bern: Haupt Verlag.
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